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Hochsensibilität verstehen und begleiten – Ein Blick in meine Arbeit mit Kindern und Familien

Ein Beitrag aus der Perspektive einer Traumapädagogin und Sozialarbeiterin


Hochsensible Menschen – und ganz besonders hochsensible Kinder – bewegen sich mit einer besonderen Tiefe und Feinfühligkeit durch die Welt. Sie nehmen Reize intensiver wahr, verarbeiten Informationen gründlicher, spüren Emotionen tiefer. Diese feinen Antennen sind eine Stärke, die allerdings in einer reizüberfluteten und leistungsorientierten Gesellschaft leicht zur Überforderung führen kann – vor allem dann, wenn das Umfeld diesen Wesenszug nicht versteht oder nicht einfühlsam begleitet.


In meiner Arbeit als Traumapädagogin und Sozialarbeiterin begegne ich immer wieder Kindern, deren Verhalten von außen als „zu sensibel“, „zu emotional“ oder „zu schnell überfordert“ beschrieben wird. Doch was hier oft als Schwäche wahrgenommen wird, ist in Wahrheit ein Hinweis auf ein hochsensibles System, das ein besonders achtsames Gegenüber braucht.


Hochsensibilität ist kein Defizit – sondern ein Entwicklungsweg


Die zentrale Erkenntnis meiner Arbeit – und meiner eigenen Biografie als hochsensible Frau – ist: Hochsensibilität ist keine Diagnose. Sie ist eine Persönlichkeitsstruktur. Und wie jede Struktur bringt sie Potenziale und Herausforderungen mit sich. Wichtig ist, wie wir damit umgehen – in der Begleitung von Kindern ebenso wie im eigenen Leben.


Der bewusste Umgang mit Hochsensibilität ist ein lebenslanger Prozess der Bewusstheitsentwicklung. Es geht nicht darum, Kinder oder uns selbst „anzupassen“, sondern darum, die eigenen Wahrnehmungen, Reaktionen und inneren Anteile kennenzulernen, zu verstehen und verantwortungsvoll zu steuern. Erst durch dieses bewusste Integrieren kann aus einer vermeintlichen Überforderung eine stabile Selbstanbindung entstehen.


Was hochsensible Kinder in der Erziehung brauchen


Viele hochsensible Kinder erleben ihre Umwelt als intensiv – laut, schnell, emotional überfordernd. Ihre tiefe Wahrnehmung geht oft mit einer erhöhten Empfänglichkeit für Stimmungen, Erwartungen und unausgesprochene Konflikte einher. Besonders in der frühen Kindheit kann dies dazu führen, dass sich Teilpersönlichkeiten bilden – innere Anteile, die sich anpassen, spiegeln oder schützen, um im Umfeld zu bestehen.


Ein Beispiel aus der Praxis: Ein hochsensibles Kind nimmt die Gefühle eines nahestehenden Erwachsenen so intensiv wahr, dass es beginnt, „wie dieser Mensch zu denken und zu fühlen“. Es entwickelt einen inneren Anteil, der diese Person gewissermaßen kopiert. Das Kind verliert dabei leicht den Zugang zu sich selbst – es entwickelt sich ein innerer Widerspruch zwischen Anpassung und Authentizität, zwischen Nähe und Selbstverlust. Dieses innere Spannungsfeld zeigt sich später häufig in Konflikten, emotionaler Erschöpfung oder scheinbar „unerklärlichen“ Verhaltensmustern.


Was solche Kinder brauchen, ist keine „Strenge“, sondern ein sicherer emotionaler Rahmen. Sie brauchen Erwachsene, die ihre Feinfühligkeit verstehen, die Grenzen liebevoll und klar kommunizieren, und die vor allem bereit sind, mit dem Kind in Beziehung zu bleiben – auch (und gerade) dann, wenn es sich zurückzieht, überfordert ist oder stark emotional reagiert.


Wie ich arbeite


In meiner pädagogischen und beratenden Arbeit mit Familien, Fachkräften und Kindern verbinde ich traumapädagogische Ansätze mit systemischem Verständnis und einer tiefen Haltung der Achtsamkeit. Ich arbeite ressourcenorientiert und prozessorientiert – nicht mit der Frage „Was stimmt nicht mit dir?“, sondern mit der Haltung „Was hat dir geholfen zu überleben, und was brauchst du heute, um dich sicher und ganz zu fühlen?“


Ein zentrales Element meiner Arbeit ist die Begleitung und Integration von Teilpersönlichkeiten – ein Ansatz, der besonders für hochsensible Kinder hilfreich ist. Durch behutsames Wahrnehmen, Benennen und Anerkennen dieser Anteile können innere Spannungen abgebaut und wieder Verbindung zur eigenen Mitte geschaffen werden. Dies fördert nicht nur Selbstregulation, sondern stärkt auch das Selbstbild des Kindes und seine Bindungsfähigkeit.


Hochsensibilität als Einladung


Wenn wir aufhören, Hochsensibilität als „Problem“ zu betrachten, und beginnen, sie als Einladung zu verstehen – zur Entschleunigung, zur Tiefe, zur Achtsamkeit –, dann kann aus ihr ein großer Reichtum entstehen. Nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für ihr Umfeld.


Diese Haltung prägt mein berufliches Tun ebenso wie meinen persönlichen Weg. Hochsensibilität fordert uns heraus, bewusster zu leben, uns selbst besser kennenzulernen und andere auf tiefer Ebene zu verstehen. Sie ist kein Manko – sondern ein Weg in ein verbundenes, lebendiges und wahrhaft menschliches Miteinander.



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Wenn Sie mehr über meine Arbeit erfahren möchten oder Unterstützung für Ihr Kind oder Ihre Familie suchen, freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme.


 
 
 

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