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Vom Wissen zum Fühlen – Wie Heilung wirklich beginnt



Das Nervensystem verändert sich nicht einfach dadurch, dass wir verstehen, was für eine Rolle es spielt und weshalb. Es verändert sich, wenn es neue Erfahrungen macht, bei denen es sich sicher genug fühlt, um weich zu werden, zu verarbeiten und sich neu auszurichten.


Dieser Satz bringt eine zentrale Wahrheit auf den Punkt, die viele Menschen auf ihrem Weg durch Therapie und Persönlichkeitsentwicklung irgendwann erkennen: Verstehen ist wichtig – aber es ist nicht genug.


Warum Verstehen nicht heilt


In unserer kopflastigen Welt neigen wir dazu, Heilung über Erkenntnis zu suchen. Wir lesen Bücher, hören Podcasts, analysieren unsere Vergangenheit. All das sind wertvolle Schritte – aber sie reichen oft nicht aus, um unser inneres Erleben dauerhaft zu verändern.


Traumaexpertin Verena König spricht in ihrem Podcast regelmäßig darüber, dass „Heilung in Beziehung geschieht“ – nicht nur in der Beziehung zu anderen, sondern vor allem in der Beziehung zu sich selbst und zum eigenen Körper. Sie betont, dass es nicht genügt, ein Trauma kognitiv zu begreifen. Unser Nervensystem – und damit unser innerstes Erleben – braucht neue, konkrete Erfahrungen von Sicherheit, Mitgefühl und Selbstzuwendung.


Vom Kopf ins Herz, vom Wissen ins Spüren


Auch Daniela Schaf, Therapeutin für körperorientierte Traumaarbeit und Autorin im deutschsprachigen Raum, erklärt: „Das Nervensystem lernt nicht durch Einsicht, sondern durch Erleben.“ Wenn wir echte Veränderung wollen, müssen wir uns also fragen: Wie fühlt sich Sicherheit in meinem Körper an? Wann kann ich wirklich weich werden?


Diese Fragen sind zentral für die sogenannte Bottom-up-Heilung, bei der der Körper – nicht der Verstand – zum Ausgangspunkt der Veränderung wird. Durch Methoden wie Somatic Experiencing, achtsame Körperarbeit, Atemtherapie oder auch einfühlsame Gespräche in einem sicheren therapeutischen Rahmen kann das Nervensystem lernen, sich zu regulieren und neu zu orientieren.


Heilung ist kein Ziel – sondern ein Weg


Vom Wissen zum Fühlen zu kommen, ist oft eine Herausforderung. Denn der Körper vergisst nicht – aber er kann lernen, neu zu fühlen. Dazu braucht es Zeit, Geduld und vor allem sichere Räume. Verena König nennt das „Nachnähren“ – dem Nervensystem neue, korrigierende Erfahrungen zu schenken, die früher gefehlt haben.


Es ist also kein Zeichen von Scheitern, wenn du merkst, dass du trotz vieler Erkenntnisse emotional feststeckst. Es ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass dein System mehr als Worte braucht: Berührung, Verbindung, Mitgefühl – kurz gesagt, Erfahrung.



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Fazit:


Heilung beginnt, wenn wir vom Kopf in den Körper kommen. Wenn wir aufhören, nur zu verstehen – und anfangen, zu spüren. Neue, sichere Erfahrungen sind der Schlüssel dazu, unser Nervensystem zu beruhigen, zu integrieren und neu auszurichten. Und manchmal beginnt dieser Weg mit der einfachen Frage: Was brauche ich jetzt, um mich sicher zu fühlen?



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Buchempfehlungen


Verena König:


"Trauma verstehen und heilen: Wie wir seelische Verletzungen aus der Vergangenheit erkennen und lösen"


"Bin ich traumatisiert? Ein Handbuch für Betroffene und Begleitende" (gemeinsam mit Katharina Middendorf)



Daniela Schaf:


"Traumaheilung braucht Sicherheit: Wie wir über den Körper zurück ins Leben finden"


"Verkörperte Heilung: Nervensystem, Körperarbeit und Selbstregulation in der Traumatherapie"

 
 
 

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